Rechtliche Grundlagen für Mobilitätskonzepte
Immer mehr Kantone und Gemeinden erwähnen Mobilitätspläne in ihrer Gesetzgebung oder in anderen Planungsinstrumenten wie Richtplänen. Hier ist eine Liste der bestehenden gesetzlichen Grundlagen, von denen wir wissen (Stand: März 2025) - kontaktieren Sie uns, wenn Ihr Kanton oder Ihre Gemeinde fehlt: info@mms-gms.ch
Areale
In mehreren Kantonen beinhalten die Baugesetze die Möglichkeit, mit Hilfe eines Mobilitätskonzepts vom Bau der geforderten Zahl von Parkplätzen abzuweichen:
- Aargau: Die kantonale Bauverordnung besagt: "Bei speziellen örtlichen Verhältnissen kann für autoarmes Wohnen ein geringeres Parkfelder-Angebot als gemäss den Richtwerten festgelegt werden, wenn in einem Mobilitätskonzept aufgezeigt wird, warum der Bedarf an Parkfeldern tiefer liegt und mit welchen Massnahmen dieser geringere Bedarf dauerhaft sichergestellt wird." (§43a BauV). Darüber hinaus können die Aargauer Gemeinden diese Bestimmungen entsprechend ihren örtlichen Verhältnissen konkretisieren. Dies ist der Fall bei der Stadt Aarau (BNO) die ebenfalls zwei Leitfäden für Projekte mit autoarmen Nutzungen oder mit mehr als 50 Parkplätzen erarbeitet hat.
- Basel-Landschaft: Im Fall von kommunalen Sondernutzungsplanungen, die von den im kantonalen Gesetz geforderten Parkplatzzahlen abweichen, muss ein "Mobilitätsgutachten" (entspricht Mobilitätskonzept) ausgearbeitet werden (§70 Abs. 2bis RBV). Daneben haben die Gemeinden auch die Möglichkeit, eigene Parkplatzreglemente auszuarbeiten und in diesem Rahmen die Ausarbeitung von Mobilitätskonzepten zu verlangen (§106 Abs. 5 RBG in Verbindung mit §70 Abs. 5-8 RBV).
- Bern: Die kantonale Bauverordnung enthält die Möglichkeit für „ Motorfahrzeugarme und motorfahrzeugfreie Wohnüberbauungen“, bei denen es sich um Wohnsiedlungen mit „mit mindestens zehn Wohnungen, die auf Bewohnerinnen und Bewohner ausgerichtet sind, die sehr wenige oder keine Motorfahrzeuge besitzen“ handelt, mit Hilfe eines Mobilitätskonzepts von der Anzahl der geforderten Parkplätze abzuweichen (Art. 54a und 54b BauV). Die Gemeinden können Mobilitätskonzepte auch im Rahmen von Überbauungsordnungen verlangen. Einige haben Leitfäden verfasst, um deren Ausarbeitung zu erleichtern (z.B. Stadt Biel).
- Neuenburg: Das Ausführungsreglement zum Baugesetz (RELConstr.) erwähnt, dass ein Mobilitätskonzept als Reduktionsfaktor gelten kann und führt auf, was unter "Mobilitätskonzept" zu verstehen ist: "Ein vom Antragsteller auf eigene Kosten erstelltes Dokument, das für alle Nutzungen ausser Wohnen bestimmt ist. Dieses Dokument enthält mindestens: a) eine Analyse der Erreichbarkeit für alle verfügbaren Verkehrsmittel in der bestehenden und zukünftigen Situation; b) Ziele, um einen alternativen Modal Split zum motorisierten Individualverkehr zu erreichen; c) Massnahmen, die ergriffen werden müssen, um die Erreichung der Ziele zu gewährleisten; d) einen Monitoring-Plan zur Überwachung der Umsetzung der Massnahmen und der Zielerreichung." (art. 31 RELConstr.)
In einigen Kantonen werden Mobilitätskonzepte in Merkblättern erwähnt oder es sind Anpassungen der gesetzlichen Grundlagen im Gang:
- Luzern: Ein Merkblatt zur Abstimmung von Siedlung und Verkehr befindet sich derzeit in der Vernehmlassung. Dieses technische Handbuch soll im Laufe des Jahres 2025 genehmigt und in der Planungs- und Bauverordnung verankert werden. In Zukunft wird dort klar definiert sein, ab wann ein Mobilitätskonzept notwendig ist (>50 Parkplätze oder >30 Fahrten in der Morgen- oder Abendspitze) und von den Gemeinden und dem Kanton verlangt werden kann. Darüber hinaus gelten die gesetzlichen Anforderungen der Gemeinden oder Städte, einige Beispiele: Stadt Luzern (Art. 6); Kriens; Emmen; Sursee.
St. Gallen: Ein Merkblatt zu Verdichtung und Verkehr erwähnt das Mobilitätsmanagement als eine der Massnahmen, die sowohl von den Gemeinden als auch von den Bauherren im Rahmen von Quartierplänen zu ergreifen sind.
Auch das Musterbaureglement erwähnt Mobilitätskonzepte: «Sie (die Gemeinde) kann somit z.B. bei Vorlegen eines Mobilitätskonzeptes, welches die Nutzer zum Verzicht oder zur Einschränkung der Anzahl Motorfahrzeuge verpflichtet, von Ersatzabgaben befreien (z.B. Car-Sharing-Konzepte, öV-Konzepte u.ä.).
Bei Sondernutzungsplänen (insb. mit kritischen Verkehrsmengen) kann von Seiten Kanton ein Mobilitätskonzept gefordert werden, wobei hier jedoch keine Mindestanforderungen festgelegt sind.
- Wallis: Eine Änderung des Baugesetzes, die darauf abzielt, die Parkplatznormen mithilfe eines Mobilitätskonzepts zu lockern, wird derzeit umgesetzt.
In einem Kanton schliesslich sieht ein behördenverbindliches Planungsinstrument in bestimmten Fällen die Verwendung von Mobilitätskonzepten oder Mobilitätsmanagementmassnahmen vor:
- Zug: Der kantonale Richtplan hält die Gemeinden dazu an, Mobilitätskonzepte für bestimmte Bauprojekte zu verlangen und ein Mobilitätsmanagement für bestimmte Arten von Standorten einzuführen.
Unternehmen
Ein Kanton verlangt von bestimmten Unternehmen die Erarbeitung eines Mobilitätskonzepts:
- Freiburg: Art. 49 des Mobilitätsgesetzes verlangt, dass jedes Unternehmen und jede öffentliche Verwaltung mit mehr als 50 Vollzeitäquivalenten über einen Mobilitätsplan verfügen muss (Definition und Optimierung der induzierten Fahrten). Dieser Plan ist ein Jahr nach der Niederlassung auf Freiburger Boden zu erstellen oder im Rahmen eines Baubewilligungsgesuchs im ordentlichen Verfahren als Teil des Dossiers beizufügen. Für bereits angesiedelte Unternehmen wurde eine Frist von zwei Jahren festgelegt (01.01.2025). Die Mobilitätspläne, die alle fünf Jahre aktualisiert werden müssen, sind bei den Gemeinden einzureichen, die sie veröffentlichen. Es gibt auch ein Label (E'mob), das die Unternehmen auf freiwilliger Basis beantragen können.
In mehreren Kantonen werden Mobilitätspläne im Rahmen von Projekten zur Unternehmensentwicklung verlangt:
- Jura : Die Verpflichtung zur Erstellung eines Mobilitätskonzepts wurde im kantonalen Richtplan im Blatt „M06.1 Parkplatzbewirtschaftung bei Unternehmen“ eingeführt. Die Verpflichtung gilt für Unternehmen ab 20 VZÄ, die in einer Aktivitätszone angesiedelt sind (sie gilt also nicht für Unternehmen in z.B. Misch- oder Zentrumszonen), die ein neues Gebäude errichten, ihren Parkplatz vergrössern möchten oder ihr Gebäude mit einer Erhöhung der VZÄ vergrössern. Darüber hinaus muss dieser Grundsatz im kommunalen Baureglement der jeweiligen Gemeinde verankert sein, damit das Unternehmen ihn berücksichtigen muss. Mit der Revision der Ortsplanungen hat eine grosse Mehrheit der jurassischen Gemeinden diese Vorschrift in ihrem Gemeindereglement verankert (Details).
- Tessin: Der Richtplan verlangt für Gemeinden mit hoher Arbeitsplatzkonzentration, dass sie im Rahmen der Agglomerationsprogramme überbetriebliche Mobilitätskonzepte erstellen. Darüber hinaus regt er die Ausarbeitung von Mobilitätskonzepten an (Details) ebenso wie einige Gemeinden (Mendrisio oder Stabio).
In einer Reihe von Kantonen gibt es lediglich Anreize für die Erstellung von Mobilitätskonzepten oder Förderprogramme:
- Graubünden: Der kantonale Richtplan und das Churer Agglomerationsprogramm 4. Generation sehen vor, dass der Kanton Gemeinden und Unternehmen mit Hilfe von aktiver Beratung zur Erstellung von Mobilitätskonzepten fördert.
- St. Gallen: Das kantonale Energiekonzept 2021-2030 enthält eine Massnahme zu Mobilitätsmanagement bei Unternehmen (SG-10): "Unternehmen werden beim Aufbau & der Umsetzung eines MM unterstützt (z.B. beratend & finanziell). Der Kanton unterstützt zudem die Kooperation zwischen Unternehmen und Gemeinden. Er prüft die Schaffung von finanziellen Anreizen für Arbeitnehmende, die zu Fuss, mit dem Velo oder dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit gehen. Der Kanton betreibt ein eigenes MM in der Verwaltung und nimmt damit seine Vorreiterrolle wahr."
- Waadt: Derzeit verpflichtet der Kanton Waadt Unternehmen nicht generell zur Einführung von Mobilitätskonzepten, mit Ausnahme der Luftreinhaltungsverordnung (LRV), die den Charakter einer Verwaltungsverordnung hat und für die Behörden im LRV-Perimeter verbindlich ist (LRV-Massnahmenplan). Auch die Gemeinden ausserhalb dieses Perimeters können die Unternehmen nach bestimmten Kriterien insbesondere im Rahmen der Zonenplanung zu Mobilitätskonzepten verpflichten.
In einigen Kantonen verlangen die Gemeinden in bestimmten Fällen Mobilitätskonzepte:
- Wallis: In einigen Gemeinden verlangen die kommunalen Bau- und Zonenreglemente (BZR) Mobilitätskonzepte für eine bestimmte Unternehmensgrösse.
- La Chaux-de-Fonds: Das kommunale Planungsreglement (RAC) fordert ein Mobilitätskonzept bei einem Neubau, wichtigen Umbau oder Erweiterung von Parkplätzen sowie für jegliche wirtschaftliche Aktivitäten mit über 30 Mitarbeitenden. Das Mobilittskonzept muss ausserdem von der Gemeinde vor Beendigung der Bauarbeiten abgenommen werden (Art. 95 RAC).
- Marly (FR): Das kommunale Baureglement (RCU) verlangt für jegliche neue oder bestehende Aktivität, die besondere oder starke Auswirkungen auf den Verkehr hat (z.B. Unternehmen mit über 20 Angestellten) ein Moilitätskonzept für das Unternehmen oder das Areal (Art. 20 RCU).
Veranstaltungen
Bei grossen Veranstaltungen werden in der Regel von den Kantonen oder Gemeinden, die sie beherbergen, Mobilitätskonzepte verlangt. Zwei Gemeinden verfügen über allgemeine Regeln, die für die Behörden bei der Erteilung von Bewilligungen bindend sind:
- Stadt Aarau: Märkte und Veranstaltungen ab einer bestimmten Grösse müssen ein Mobilitätskonzept einreichen oder Massnahmen zum Mobilitätsmanagement umsetzen (Details).
- Stadt Vevey: Im Klimaschutzplan enthält die Massnahme M.T.9 die Aufforderung, bei Veranstaltungen auf Gemeindegebiet mit über 500 Teilnehmenden ein Mobilitätskonzept zu verlangen.